Selbstständig mit oder ohne Teilzeitanstellung?
Muss ich mich entscheiden?
Animiert durch Beatrice Krammer, die unter dem Motto: Teilzeit-Selbstständigkeit – Trend der Zukunft? zu einer Blogparade aufgerufen hat, die verschiedenen Perspektiven dieses Themas zu beleuchten, habe ich meinen Weg der Selbstständigkeit in diesem Artikel einmal zusammengetragen.
Aber jetzt von vorne:
2013 habe ich zum ersten Mal mein Gewerbe angemeldet, damals mit der Kleinunternehmerregelung, und im Nebenerwerb.
Zu dieser Zeit war ich noch aktive Mutter von 3 halbwüchsigen Töchtern zwischen 12 und 19, Ehefrau und war mit einem 450 € – Job in einer Kita in der Küche angestellt.
In meiner Rahmen meiner Selbstständigkeit gab ich damals Kochkurse an Volkshochschulen und man konnte meine Dienstleistung als “Mietköchin” einkaufen.
Also zu Geburtstagen, Kommunionen oder sonstige Feierlichkeiten übernahm ich von der Planung über den Einkauf und die Fertigung des Essens alles. Allerdings immer in “deiner” Küche, da ich keine Küche hatte und somit kein klassisches Catering unter Einhaltung aller Hygienevorschriften einhalten konnte.
Mit der Zeit füllten mich weder diese Tätigkeiten, noch der Alltag zufrieden aus.
Ich bildete mich einerseits weiter, und gleichzeitig wechselte ich meine Anstellung. In meiner Anstellung arbeitete ich mit 65 % im Ambulanten Betreuten Wohnen.
Daneben gab ich weiter Kurse um Kurse. Zunächst bemerkte ich überhaupt nicht, wie ich wieder in einem Hamsterrad steckte. Zu Hause hatte ich das Gefühl es kam alles zu kurz, an meine Selbstfürsorge dachte ich überhaupt nicht mehr.
Eine Entscheidung musste her!
Ende 2016 war dann irgendwann klar: So konnte es nicht weitergehen!
Dieser Spagat war so weiterhin nicht machbar!
Ich fühlte mich ständig unzufrieden, weil ich das Gefühl hatte, irgendetwas kommt zu kurz. Meine Familie litt unter meiner Unzufriedenheit. Schließlich konnte mir auch keiner mehr etwas recht machen.
Ich hatte einfach das Gefühl, ich kann nichts mehr richtig machen, lösche nur noch Glutnester, oder arbeite immer wieder neue Baustellen ab. Aber ich hatte auch keine Idee, wie ich daraus kommen sollte.
Mit einem Gespräch mit einer Vermögensberaterin, die aus einem völlig anderen Grund bei uns war, veränderte sich plötzlich etwas.
Frau König sagte in diesem Gespräch zu mir: “Aber warum machen sie sich denn nicht ganz selbstständig? Wovor haben Sie denn Angst? Sie organisieren hier schon seit über 20 Jahren die ganze Familie… Sie haben alle Aufgaben und Termine im Blick und sorgen dafür das alles läuft. Und sie haben ihre Expertise, ihr Wissen und all ihre Erfahrung. Wenn nicht Frauen wie Sie den Mut haben sich selbstständig zu machen, wer dann? Und sie haben eine Familie, die hinter Ihnen steht, und die Sie unterstützt.”
Nach einigen Gesprächen in der Familie stand dann die Entscheidung fest.
Ich kündigte meine Arbeitsstelle im Frühjahr 2017 und macht mich komplett selbstständig.
Nach einem Gespräch mit meinem Steuerberater beantragte ich Gründungszuschuss. Was mir nicht klar war, war, dass ich erst wieder selbstständig arbeiten durfte, wenn dieser Zuschuss bewilligt ist.
Also arbeitete ich erstmals einen Businessplan und ein Konzept aus, und später in der Wartezeit der Bewilligung an meinem Außenauftritt… Webseite, Social-Media-Auftritt, Netzwerkarbeit etc. Das alles machte viel Freude, fraß aber auch ganz schön Zeit, und ich verdiente natürlich noch nichts!
Endlich im September 2017 konnte ich starten!
Yes, ich hatte die Bewilligung für den Gründungszuschuss bekommen, und startete hoch motiviert. Ich veranstaltete Informationsabende, bot Entspannungsabende an, knüpfte Kontakte mit Bildungsträgern, schloss mich einem Coworking-Space an, und gab mittlerweile vielen verschiedenen Volkshochschulen sehr viele Kochkurse.
Auch meine Social-Media-Präsenz wuchs.
Mein Gefühl der Überforderung blieb!
Was ich nicht richtig eingeschätzt hatte, war, dass ich ein neues System, eine neue Strategie brauchte. Ich hatte zwar den Businessplan erstellt, aber ich fand nicht so richtig in mein Tun. Und nicht nur das…
Ich war so in meiner Beschäftigung gefangen, dass ich überhaupt nicht bemerkte, wie sich mein damaliger Lieblingsmensch von mir entfernte, und so kam es unweigerlich zur Trennung.
Blinder Aktionismus ist der Tod der Selbstständigkeit!
Wie paralysiert, ohne wirklich nachdenken zu können arbeitete ich im ersten Halbjahr 2018 alle Termine, die ich geplant hatte ab.
Doch mit der Trennung entwickelte ich Existenzängste. Ängste, die mich dazu brachten, überhaupt nicht mehr nachzudenken und zu planen, sondern einfach jeden Job anzunehmen.
Ich achtete nicht mehr darauf, ob mir die Aufgabe Spaß machte, ob es ich diesen Kunden überhaupt wollte, ob ich die Aufgabe zeitlich wirklich schaffen konnte.
Meine Kreativität, meine Zuversicht, alles war weg. Ich hatte keine Ideen mehr, fühlte mich nicht in der Lage neue Konzepte zu entwickeln. Dazu kam, dass ich mich längst nicht mehr als gut genug empfand. Wer sollte mich schon buchen?
Entspannung durch ein zurück in die Teilzeitanstellung
Kurz vor Weihnachten 2018 bekam ich einen Anruf und damit das Angebot eine möglicherweise etwas längerfristige Honorarstelle zu übernehmen. Ich nahm dieses Angebot an, und schnell entwickelten sich mehr Stunden, sodass im März 2019 die Frage im Raum stand, ob ich mich nicht Teilzeit anstellen lassen wolle.
Zu diesem Zeitpunkt hieß dieses Angebot für mich auch Sicherheit… ein geregeltes Einkommen, und damit raus aus den Existenzängsten. Außerdem war eine Arbeit, die mir Spaß machte, das Team war nett, und mit meinen Ängsten im Hinterkopf und um das Gefühl der Sicherheit wegen, sagte ich zu.
Außerdem handelte es sich ja um eine Krankheitsvertretung, die irgendwann sowieso wieder enden sollte.
2019 – unter einem Hut
2019 war somit mein bisher bestes Jahr in meiner Selbstständigkeit. Ich bekam meine wachsende Selbstständigkeit und meine Anstellung gut unter einen Hut, wie man so schön sagt.
Ich fühlte mich wohl, in dem was ich tat, und fand neben dem geregelten Job immer neue Auftraggeber und damit spannende neue Aufträge. Mal größere, mal kleinere, aber so durfte es gerne weitergehen.
Ich war eine regelmäßig gebuchte Präsenztrainerin, und in unserer Region war mein Name mittlerweile nicht mehr ganz unbekannt.
In meinem Kopf wuchs der Plan in 2020 eine neue Wohnung zu suchen, und dann die Zeit in der Anstellung langsam wieder zu reduzieren und die Selbstständigkeit weiter auszubauen.
Immer wenn Du Pläne machst, fällt in einer Ecke das Leben lachend vom Stuhl
Ja, so war mein Plan. Und dann erreichte uns alle etwas, womit niemand gerechnet hatte.
Corona – Covid19 – eine Pandemie stellte unser aller Leben gründlich auf den Kopf
Und dann kam März 2020.
Corona erreichte auch Deutschland, der erste Lockdown sorgte auch bei mir dafür, dass ich plötzlich keine Aufträge mehr wahrnehmen konnte. Dazu kam Kurzarbeit in der Arbeit… und meine Kollegin kam aus ihrer Zeit der Erkrankung zurück an den Arbeitsplatz. Im Nu waren meine Existenzängste wieder da. Auch die Umstellung auf ein Onlinebusiness traute ich mir nicht so recht zu. Aber ich nutzte die Zeit der Kurzarbeit, um viel zu lernen. Ich arbeitete mich in viele verschieden Online-Tools ein.
Nach der Kurzarbeit verließ ich den Arbeitgeber. Aber in die reine Selbstständigkeit traute ich mich nicht zurück. Dazu fehlte mir einfach Sicherheit.
Also suchte ich mir eine neue Teilzeitstelle.
Mit der dritten Coronawelle ging ich nach 7 Tagen arbeiten zuerst ins Home-Office und dann in die Kurzarbeit, für 6 Monate. Viele Menschen um mich herum sorgten sich. Hatte ich doch gerade erst für mich und meine Tochter eine neue Wohnung gemietet. Ich aber genoss diese Zeit. Es war wie ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Endlich hatte ich einmal Zeit mich wieder voll und ganz mit meiner Selbstständigkeit zu beschäftigen.
Ich entscheide nach Gefühl wohin der Weg führt
Diesmal habe ich die Zeit nicht genutzt, um neues zu lernen, sondern sehr gezielt daran gearbeitet mir eine Basis zu schaffen, die ich weiter ausbauen kann, zum Beispiel erste Online-Produkte erstellt. Aber auch alte Beziehungen neu aktiviert und ausgebaut.
In dieser Zeit habe ich meine Kreativität wieder entdeckt, und vor allem den Glauben an mich selbst wieder gefunden.
Im Moment bin ich noch angestellt, bis Ende September, ist das sicher. Denn meinen Vertrag halte ich auf jeden Fall ein. Ob es da für mich weitergeht, ist unklar, weil noch niemand weiß, ob das Projekt, für das ich angestellt bin, in dieser Form verlängert wird, oder ob ich mich doch für die volle Selbstständigkeit entscheide.
Wie es in der Zukunft weitergeht, entscheide ich ganz nach meinem Gefühl. Denn eins weiß ich heute, eine Anstellung heißt nicht zwangsläufig mehr Sicherheit.
Die größte Sicherheit, die ich heute habe, ist, dass ich frei entscheiden kann wie ich weitermache.
Habe ich das Gefühl, mir gibt das regelmäßige Einkommen soviel Sicherheit, dass ich mich damit wohler fühle, dann bleibe ich in der Anstellung.
Und wenn mir die Zeit und die Energie fehlt, um wirklich frei und kreativ zu arbeiten oder mich gut um mich selbst zu kümmern, dann gehe ich den Weg zurück in die volle Selbstständigkeit.
Wichtig ist am Ende, dass ich mich gut damit fühle!
Ein Kommentar
Liebe Anja,
vielen Dank für das Schmunzeln, dass Du mir auf die Lippen gezaubert hast. “Immer wenn Du planst, fällt das Leben in einer Ecke lachend vom Stuhl”. Das erinnert mich an einen meiner Mentoren, der gerne Brecht zitierte “Mach nur einen Plan, sei ein großes Licht, mach noch einen zweiten, funktionieren tun sie beide nicht!”
Danke, dass Du bei der Blogparade mitgemacht hast und für diesen schönen Beitrag! 💚